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Introducing: Serious Memes!
Was passiert, wenn Memes nicht mehr lustig sein müssen +++ E-Commerce übernimmt Social Apps +++ NFTs, weil halt
hallo. dieser newsletter hat übrigens seit neuestem auf seiner landing page den slogan “das feuilleton für memes”. ich weiß noch nicht, ob das wirklich stimmt. aber ich mag wie es klingt. folgt auf coolgenug.substack.com und auf twitter. und genießt den folgenden content.
Was stimmt nicht mit diesem Meme?
Vor ein paar Jahren gab es mal eine Art Mini-Diskurs über “Serious Games” - eine Unterkategorie der Videospiele, die nicht primär auf Spaß, sondern auf Lerneffekte ausgelegt sein sollte.
Der Diskurs über “Serious Games” ist nie wirklich über das “Es gibt sie”-Stadium hinausgewachsen. Dennoch möchte ich heute einen Begriff analog dazu einführen, den ich für sinnvoll finde.
Serious memes.
Und damit meine ich nicht einfach nur “Memes mit Message” oder so.
Nehmen wir dieses “klassische” Meme (eine Variation einer Unterform des Wojak-Comic-Formats) als Ausgangspunkt:
Hihi. Lustig.
Okay, aber was ist hiermit?
Die Komponenten sind alle da. Jemand, der die Sprachen nicht versteht, könnte zwischen dem oberen und dem unteren Meme keinen materiellen Unterschied feststellen.
Aber etwas fehlt.
Und einer der Drukos unter dem zweiten Meme spricht es an.
Wenn wir diesen Kommentar einmal beim Wort nehmen und nicht als das Trolling abblocken, das es vermutlich war, spricht er einen Gedanken aus, den die meisten Menschen mit dem Begriff Meme verbinden: Ein Meme ist, in der Regel, ein lustiges Motiv. Wenn wir es nicht lustig finden, sagen wir “Ich check’s nicht” oder suchen nach einem versteckten Witz, der uns entgeht.
Dabei hat das oben dargestellte Meme von Inas keinen Witz. Und es braucht auch keinen, um zu funktionieren und mit Menschen zu connecten.
Nehmen wir ein weiteres Beispiel - diesmal von Reddit.
Auch dieses Meme ist auf den ersten Blick nicht ganz leicht zu durchschauen. Es könnte ein boomer-mäßiges keine-zweite-Ebene Witz-Bild sein. Aber nein, wir befinden uns im Nerdparadies Reddit, da gibt es sowas nicht. Es könnte ironisch gemeint sein. Auch nein, der Schöpfer des Memes tauscht sich in den Kommentaren darunter eifrig über Klimaschutz-Gruppierungen aus.
Das Meme ist also gleichzeitig ernst gemeint und nicht ernst gemeint. Es nutzt den satirischen Unterbau eines überemotionalen Pikachu-Bildes, das man eigentlich im Kontext mit einer ironischen Pointe erwarten würde, spricht dann aber die völlig ernst gemeinten Sorgen des Schöpfers aus.
Diese Art von Meme - die Nutzung von ursprünglich ironisch gemeinten Motiven für ein ernst gemeintes Anliegen - hat in den letzten Jahren zugenommen. Es ist keine plötzliche Revolution, es ist ein softer Trend, eine langsame Entwicklung. Aber sie ist da.
Kommen wir noch einmal zum Instagram-Account “Stramme Memes”, von dem auch das diesen Text eröffnende Wojak-Meme stammte. Stramme Memes ist einer der feinsten Meme-Accounts auf Instagram. Außerdem steht er in der Tradition von Deutschreddit-Communities wie /r/ich_iel, die sehr gerne englische Meme-Texte bewusst überwörtlich ins Deutsche übersetzen. Aus “Online” wird “Anschnur”. Aus “The Wolf of Wall Street” wird “Der Wolf der Wandstraße” und so weiter.
Und in einem solchen Kontext erscheint letzten Sommer auf einmal dieser Post:
“Schwarze Leben Materie” - “Black Lives Matter”
Vermutlich ist das der richtige Zeitpunkt, um zu erwähnen, dass Stramme Memes ein durchaus politischer Account ist, der sich gegen rechtsextreme Ansichten und Verschwörungstheorien einsetzt. Und deshalb ist auch diese Botschaft vollkommen aufrichtig und ernst gemeint. Nur nutzt sie eben die Sprache, die im Vorhinein als die Sprache des Accounts definiert wurde. Auch wenn das für Nicht-Follower erstmal sehr abwegig und dumm klingt.
Ein ähnliches Phänomen haben wir bei Money Boy - ein weiterer Künstler, der nicht gerade als nachdenklich verschrien ist. In seinem Jahresrückblick “Rap Up 2020” rappt er:
Nie zuvor gab es so viele Tragic Events in einem Year
Kobe Bryant ist gedied, er ist leider nicht mehr hier, damn
Rest in Peace Kobe Bryant, er ist gone leider
Und der Schmerz sitzt tief wie ein Lowrider
To live and die in L.A., yeah, Pop Smoke
Er ist viel zu früh gegangen, jetzt ist Pop tot
FBG Duck, Rest in Peace, Thug
Er wurde auf offener Straße erschießt, Fuck
Klingt das erstmal dumm? Ja. Aber wenn man Money Boy kennt, weiß man: Es ist trotzdem aufrichtige Anteilnahme.
Eine der spannendsten Entwicklungen der Memekultur ist, dass auch absurdeste Sprach- und Bildkonventionen auf einmal für ernste Botschaften verwendet werden - ohne dass man dafür auch in einen “Serious Mode” wechseln müsste.
In der alten Medienwelt war es noch üblich, dass Comedians für ernste Themen hörbar in einen anderen Duktus verfielen und traurige Songs von Spaßrappern auf entsprechend nachdenklicher klingenden Beats stattfanden. Für Memes gelten diese Regeln nicht mehr. Einmal Meme, immer Meme. Egal was man zu sagen hat.
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Wir sind es gewöhnt, dass Veränderungen plötzlich kommen. Kaum jemand hätte vor Snapchat den Erfolg verschwindender Posts vorhergesehen. Ähnlich bei TikTok. Und jetzt bei Dispo(?)
Es ist deshalb ziemlich außergewöhnlich, dass alle großen Marken im Social Web ihre nächste Revolution so umfassend ankündigen: Sie wollen ihre Apps zu E-Commerce-Plattformen umbauen, mit möglichst wenig Raum zwischen user-generiertem Content und Warenkorb. Warum noch auf den Affiliate Link in der Videobeschreibung klicken, wenn man das überteuert gedropshippte AliExpress-Ring-Light auch einfach direkt in der App kaufen kann?
Terry Nguyen, die heimlich beste Autorin über das Social Web, fasst in der aktuellen Ausgabe ihres Newsletters Gen Yeet die Pläne von YouTube, TikTok und Instagram sehr gut zusammen, und sagt eine neue Welle von “Haul”-Content voraus - Kids und Influencer, die wieder sehr viel Zeit damit verbringen könnten, Produkte in die Kamera zu halten und zum Kauf aufzufordern. Und zwar nicht als Teil des Sponsorings, sondern als eigentlichen Content.
Ob wir als Publikum das wollen oder nicht, ist dabei fast nebensächlich - die Plattformen könnten diese neue Form des E-Commerce so aggressiv pushen, dass schon sehr bald sehr kreative und “innovative” Produkt-Vorstellungen unsere Feeds dominieren könnten.
Hilfe.
Bitte kaufen Sie diesen Content, auf der Blockchain
Ich habe letzten Montag für BR24 einen Explainer über NFTs, alias Blockchain-Kunst, geschrieben.
NFT steht für “Non Fungible Token” - Online-Güter, die nicht ersetzt oder zerstört werden können. Dafür nutzen sie eine Blockchain - die gleiche Technologie, auf der auch Kryptowährungen wie Bitcoin aufgesetzt sind. […] Um ein digitales Kunstwerk als NFT zu verkaufen, wird der Besitz des Kunstwerks auf eine der zahlreichen Blockchains geschrieben: Beliebt ist hierfür etwa Ethereum. Damit ist für die ganze Welt ersichtlich, wer das NFT gekauft hat: Der Besitzanspruch wird auf der gesamten Blockchain nachvollziehbar abgespeichert.
Zu diesem Zeitpunkt kam ich mir sehr hintendran vor: Alle großen Pro- und Kontra-Meinungen zum Thema NFTs schienen zumindest auf Englisch bereits geschrieben, der Diskurs over. Ich lag damit komplett daneben. In den Tagen danach kündigten einige Popstars, darunter Kings of Leon, Fynn Kliemann und Charli XCX, Musik-Releases via NFT an, und es ist nur eine Frage der Zeit, bis das erste öffentlich-rechtliche Reportage-Format auf YouTube im Selbstversuch NFTs verkauft.
In gewisser Weise habe ich sogar Sympathie für das Konzept NFT - hauptsächlich, weil die Zusammenkunft von Blockchain und Kunstmarkt deutlich mehr Sinn macht als die Zusammenkunft von Blockchain und irgendetwas anderem. Bei Blockchain, wie auf dem Kunstmarkt, fließt absurd viel Geld, ohne dass irgendjemand erklären kann, warum, und ein paar Leute mit guten Connections werden extrem reich, während der Rest kinnkratzend daneben steht.
In erster Linie werden NFTs wohl eine weitere Möglichkeit für Creators sein, sich von Hardcore-Fans direkt Geld schicken zu lassen. Einen möglichen Fortschritt stellt das damit nur für die Leute dar, die ohnehin schon ein Following haben.
Außerdem
Alle reden über diese antikapitalistische Kommune, die in ihren TikToks 1. vom Leben in einer antikapitalistischen Kommune schwärmt, und 2. immer wieder beteuert, keine Sekte zu sein. Klingt nach etwas, was eine Sekte sagen würde.
Diese Website bringt WordArt back, alright
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Solltet ihr immer noch nicht die TikTok-Reihe der New Yorkerin gesehen haben, die ein düsteres Geheimnis in ihrem Badezimmer entdeckt hat, bitte tut es. Ich war seit Wochen nicht mehr so on edge wie im letzten Teil.
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Das Meme
nft dieses texts nicht available, um den planeten zu retten.
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